Zahlen & Fakten

Ehrenamtliche & Infrastruktur – Freiwilliges Engagement gegen Ernährungsarmut

Armut gibt es auch in unserer Gesellschaft. Schwerwiegende Folgen dieser Armut sind Hunger und Fehlernährung durch eine zu einseitige Ernährung. Eine mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln wird als ein Grund dafür genannt, dass arme Menschen auch in Deutschland häufiger erkranken und eine geringere Lebenserwartung haben. Diesem Problem widmen sich die vielen Tafelhelferinnen und –helfer. Sie lindern Ernährungsarmut durch die Ergänzung und Bereicherung der Speisepläne bedürftiger Menschen mit Lebensmitteln, die sie vor der Entsorgung bewahren. Besonders verdienstvoll ist, dass bei den vielen versorgten Kindern und Jugendlichen durch eine abwechslungsreichere Ernährung auch die Entwicklung eines gesünderen Ernährungsverhaltens gefördert werden kann.

Anhand ausgewählter Ergebnisse einer von der Robert Bosch Stiftung geförderten Studie über die Tafeln in Deutschland soll im Folgenden beschrieben werden, wer sich für die Bedürftigen engagiert und wie zufrieden die Tafelhelferinnen und –helfer mit ihrer Tätigkeit sind.

An der Studie haben 659 freiwillig engagierte Helferinnen und Helfer im Alter von 18 bis 80 Jahren teilgenommen. Etwa die Hälfte der Befragten ist zwischen 50 und 65 Jahren alt. Im Gegensatz zu anderen Vereinen sind in den Tafeln deutlich mehr Frauen als Männer aktiv . Dies mag daran liegen, dass der Umgang mit Lebensmitteln traditionell zum Aufgabenbereich der Frau gehört und dass für die Kontrolle der Verzehrfähigkeit ein „Hausfrauenblick“ nötig ist, der vielen Männern bislang noch abgesprochen wird. Es zeigt aber auch einmal mehr, dass Frauen sozialen Problemen gegenüber vielfach aufgeschlossener sind. Frauen sind ferner in der Leitungs- und Vorstandsebene der Tafel-Vereine stärker vertreten als ihre männlichen Vereinskollegen. Dies unterscheidet die Tafeln deutlich von anderen Vereinen, denn spätestens auf dieser Ebene dominieren dort die männlichen Vereinsmitglieder .

Bemerkenswert ist auch das hohe zeitliche Engagement, dass die Freiwilligen in ihre Arbeit investieren. Sie sind in der Woche durchschnittlich 14 Stunden für ihre Tafel aktiv. Das Engagement schwankt dabei zwischen einer halben Stunde und 84(!) Stunden. Der zeitliche Umfang des freiwilligen Engagements liegt deutlich über dem Ergebnis der repräsentativen Studie „Freiwilligensurvey 1999“. Dort wird eine durchschnittliche Arbeitszeit von 15 Stunden monatlich festgestellt . Die hohe Zustimmung zu den Vereinszielen und der hohe Anteil von Vereinsmitgliedern unter den aktiv Tätigen sind weitere Belege für das sehr positiv ausgeprägte Bewusstsein für den Tafel-Verein.

Wie sind die Aktiven zur Tafel gekommen? Antworten auf die Frage: „Wie sind sie auf die Tafel aufmerksam geworden?“, zeigen, dass abgesehen von dem nach wie vor primären Zugang über ein Tafelmitglied im Bekanntenkreis oder in der eigenen Familie, neue Freiwillige verstärkt über Berichte im Fernsehen sowie Werbespots in Fernsehen und Kino auf die Idee aufmerksam werden. Die neuen Helferinnen und Helfer kommen damit zunehmend nicht mehr aus dem näheren sozialen Umfeld.

Und welche Motive haben die Aktiven dazu veranlasst, in einer Tafel mitzumachen? Die Befragten legen bei ihrem freiwilligen Engagement in einer Tafeln, besonderen Wert auf den Nutzen, den sie aus der Mitarbeit ziehen. Von großer Bedeutung sind hierbei die „Persönliche Zufriedenheit“ (dies wird u.a. dadurch erreicht, dass sie „Sehen, wo die Hilfe ankommt“ und „Etwas Sinnvolles tun“) sowie das „Erfüllen von Werten und Normen“ (vor allem das „Verhindern der Lebensmittelvernichtung“ – diese Lebensmittelvernichtung ist ein sogenanntes „collective evil“ ). Wichtige Anforderungen an die alltägliche Arbeit in der Tafel sind „ausreichender persönlicher Spielraum“, „neue Erkenntnisse und Erfahrungen“, ein „Gefühl der Zugehörigkeit“ sowie „Spaß an der Arbeit“. Von Bedeutung sind ferner ein Versicherungsschutz und die räumliche Nähe zum „Tafelarbeitsplatz“ sowie die Möglichkeit, sich die Zeit selbst einteilen zu können. Eine materielle Entschädigung in Form einer Aufwandsentschädigung oder Kostenerstattung ist von nachrangiger Wichtigkeit.

Und wie zufrieden sind die Aktiven? Zunächst kann festgehalten werden, dass die freiwillig Engagierten mit ihrem Engagement durchweg zufrieden sind. Über 80% der Befragten sagen, dass ihre Tätigkeit in der Tafel ihren Erwartungen und Wünschen in vieler Hinsicht entspricht.

Fazit: Die Tafeln sind als Orte für ein freiwilliges Engagement bislang sehr erfolgreich. Dies liegt vor allem daran, dass die Aktiven ihren Motiven und Wünschen entsprechend arbeiten können. Wenn es den Tafeln gelingt, ihren Aktiven auch weiterhin Tätigkeiten anzubieten, die den beschriebenen Kriterien genügen, werden sie nicht nur ihre bislang zufriedenen Helferinnen und Helfer halten, sondern auch neue hinzugewinnen können.

Entwicklung der Tafeln in Deutschland – Meilensteine der Tafelentwicklung

Meilensteine der Tafelentwicklung

2011: Umzug der Geschäftsstelle des Bundesverbandes in die Dudenstraße.

2001: Umzug des Bundesverbands Deutsche Tafel e.V. nach Berlin.

1996: Umbenennung des Dachverbands in den Bundesverband „Deutsche Tafel e.V.“ mit Sitz in Celle.

1995: Gründung des „Dachverband Deutsche Tafelrunde“.

1993: Gründung der ersten Tafel Deutschlands in Berlin.

1963: Gründung der ersten Tafel in Phoenix/Arizona, USA.

Die Tafeln in Zahlen:

Armut und Überfluß in Deutschland – Ernährungsarmut in Deutschland

Ernährungsarmut in Deutschland

Je nach Berechnungsmodell leben in Deutschland zwischen fünf und acht Millionen Menschen in (Einkommens-)Armut. Das Einkommen wird zu einem großen Teil für die Absicherung elementarer Lebensbedürfnisse benötigt. Bei einem ohnehin beschränkten Budget können meist nur bei der Nahrung größere Posten eingespart werden. Besonders Haushalte mit geringem Einkommen verzichten auf den Kauf bestimmter Nahrungsmittel.

Viele Betroffene leben pro Tag von ca. 4,5 Euro, die für die Zubereitung von Frühstück, Mittag- und Abendessen ausreichen müssen. Als Luxus gilt unter Armen oft schon das, was für die Mehrheitsgesellschaft als Alltagskost gesehen wird. Auf Fleisch wird meist ganz verzichtet. Frisches Obst ist selbst im Sommer noch zu teuer und auch Grundnahrungsmittel wie Milch gehören oft zu den Luxusgütern.

Spricht man sogar von „materieller“ Ernährungsarmut ist die Situation noch schwieriger. Dann reicht allein die Menge nicht aus und/oder Qualität und Hygiene der Lebensmittel sind unzureichend. Besonders im letzten Monatsdrittel fällt es vielen schwer, eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen. Die negativen Folgen für die Betroffenen liegen auf der Hand: Hunger, Fehlernährung sowie die Konkurrenz von Nahrungsmitteln zu Genussmitteln wie Alkohol, Zigaretten sowie Drogen ist groß.

Viele Sozialhilfeempfänger schaffen es nur durch extremen Verzicht bis zum Monatsende durchzuhalten. Vielen gelingt es nicht. Sie sind auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen oder hungern. Dies bestätigt, was der Volksmund formuliert. Wer arm ist, lebt mehr oder minder von der Hand in den Mund.

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